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IN LIEBE, EURE HILDE

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Achtung, ich vermeide sonst Spoiler nach Möglichkeit, aber diesmal konnte ich mich ohne nicht ausreichend echauffieren. Also sind welche drin. Am Schluss hat natürlich das ganze Kino geheult. Vielleicht bin ich zynisch, aber obwohl ich mitgeflennt habe, fand ich es etwas wohlfeil. Junge Frau mit Baby, deren Mann schon hingerichtet wurde und dann Todesurteil, dann kommt auch noch Alexander Scheer als weltverständnisvollster Priester in die Zelle (wieso haben die Nazis den überhaupt reingelassen), wessen Tränendrüsen sollten da nicht leaken? Ehrlicherweise hab ich mich aber die ersten 90 Minuten im großen und ganzen eher gelangweilt. Und mich dabei noch schuldig gefühlt, immerhin geht's um die Rote Kapelle, junge Menschen, die etwas so Sinnvolles und Heldenhaftes getan haben, dass man angesichts der 50 Cent, die man gerade einer Obdachlosen zugesteckt hat, vor Scham eigentlich nur noch Harakiri begehen kann. Was also stimmte nicht? Einmal die Rückblenden, die - wohl zur Vermeidung vo

THE APPRENTICE

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Wenn's euch geht wie mir, dräut euch in wenigen Tagen gefühlt die ultimative Zeitenwende, wenn ein schwafelnder, alter, hässlicher Mann mit güldenem Haar und machiavellistischem Gemüt einmal mehr versucht, die Macht an sich zu reißen und das Land bzw. die Welt seinem Diktat aus Schwachsinn und Bosheit zu unterjochen, aus mysteriösen Gründen unterstützt von etwa der Hälfte der Amerikaner. Also alles wie in Thürigen, nur größer und - leider - mit mehr Unterhaltungswert. So viel davon, dass sogar Kinofilme zum Thema gemacht werden. "The Apprentice" dreht sich nur im übertragenen Sinne um die TV-Show, die Trump berühmt gemacht hat. In erster Linie ist es eine... naja, Liebesgeschichte? Zumindest gesteht Roy Cohn, der von Jeremy Strong (aka Kendall in Succession ) zu Beginn derart hai-artig angelegt wird, dass einem das Blut in den Adern gefriert, irgendwann seinem Zögling Donny seine Gefühle. Da hat sich das Blatt schon gewendet und der zunächst fast ein bisschen sympathisch

THE SUBSTANCE

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Selten wurde soviel aus so falschen Körperteilen heraus "geboren" wie in diesem Film. Ich will nichts ausplaudern, aber man rechne schlicht mit allem. Spoilen ist hier eh überflüssig, niemand muss sich Sorgen machen, dass man irgendwas nicht mitbekommt. Subtilität ist Coralie Fargeats Sache nicht. Verbal wird nur mit Schlagwortsätzen gearbeitet und visuell auf die Kacke gehauen, bis man denkt, mehr geht nicht, und dann geht's erst richtig los. Demi Moore, im RL über 60 aber natürlich fit, strahlend schön und locker als die 50-jährige durchgehend, die sie spielt (was der Message des Films eine ganz eigene Ironie verleiht) hat als ehemaliger Hollywoodstar und jetzige Aerobic-TV-Tante ihr Haltbarkeitsdatum überschritten und ersetzt sich selbst durch ein jüngeres Ego. Leider gerät sie durch den exponentiell ansteigenden Selbsthass auf ihr älteres und die maßlose Vergötterung ihres jüngeren Ichs, bei der sie 1:1 die Meinung der Männergesellschaft übernimmt, in eine Art schizop

SAD JOKES

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Ich war doch etwas überrascht, deutsche Komödie und so. Man kennt die Vorurteile, und auch ich bin schon des öfteren zum Lachen in den Kinokeller gegangen - oder erst gar nicht ins Kino. "Sad Jokes" von und mit Fabian Stumm ist was anderes; Schweighöfer und Konsorten sieht man hier nichtmal als Silhouette am Horizont. Durch die Bank feine, ernst guckende Arthouseschauspieler haben beiläufige kleine Szenen, in denen sie auf Stumm treffen, der stoisch und fast immer verbindlich auf sein Umfeld reagiert. Das ist albern, traurig, rührend, meta (Stumm spielt einen Filmemacher, der versucht, eine Komödie zu machen, die - offenbar - null lustig ist), melancholisch und stellenweise sogar dramatisch. Umso überraschender, dass man in einigen Szenen geradezu vor Lachen roflt. Und beschwingt rausgeht, einfach nur, weil man das Gefühl mitnimmt, das alle sich in ihrem kleinen Leben mit irgendwelchem Blödsinn, beknackten Mitmenschen oder der eigenen Unzurechnungsfähigkeit rumschlagen müssen

DIE UNBEUGSAMEN 2 - GUTEN MORGEN, IHR SCHÖNEN!

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 Wer vor ein paar Jahren "Die Unbeugsamen" gesehen hat, braucht vermutlich keine weitere Einladung. Das war eine legendäre Doku über die Frauen im westdeutschen Parlament, bei der ich die Kinnlade kaum wieder hochgekriegt habe. Nun hat Torsten Körner nachgelegt und die Lage der Frauen in der DDR porträtiert. Auch hier versammelt er feinstes Archivmaterial und grandiose Gesprächsparterinnen, die man leider keineswegs alle kennt und sich darum nach dem Film erstmal in der Nachrecherche verbuddelt. Immerhin hier kommen sie zu Wort und erzählen, wie's war, im Guten wie im Schlechten. Hausfrau war ein Schimpfwort, malochen mussten sie alle, aber in der "hohen" Politik hatten sie nix zu melden, da war sogar der Bundestag weiblicher. Und der Hausfrau- und Mutterjob kam ja einfach noch obendruff, hieß nur nicht so. Für mich persönlich nicht ganz so ein Knaller wie der erste, aber das hat wohl mit der Identifikation einer alten Wessine, die ich nunmal bin, zu tun. Man ka

LOVE LIES BLEEDING

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Gut, es ist nicht wahnsinnig sophisticated, diesen Film als "Thelma and Louise auf Steroiden" zu bezeichnen. Aber es haut so schön rein. Und das tut "Love lies bleeding" auch. Kein subtiles, komplexes, hochgeistiges Werk, sondern ein blutiger, schmutziger, düsterer, teils fröhlich ins Abstruse überdrehter Trip über zwei wahnsinnig tolle queere Frauen, die sich in einem deprimierenden, brutalen, frauenfeindlichen 8oer-White-Trash-Umfeld rumschlagen, bis sie ineinander die Möglichkeit von Erlösung erkennen. Allerdings gilt es zuvor noch ein, zwei winzige Hindernisse zu überwinden und nach Möglichkeit einen optisch echt quälenden Bodybuilding-Wettkampf zu gewinnen. Kristen Stewart ist eh das Coolste, das die Leinwand seit Thelma an herber Weiblichkeit hergibt. Katie O'Brian ist auch im echten Leben Kampfsportlerin und hatte mit 9 Jahren den braunen Gürtel in Karate. Bezweifelt man nicht. Knirschende Muskeln, on screen Fistfuck (naja, dezent), sehr gebrochene Kiefer

INSIDE OUT II

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Okay, der "Sar-Chasm"-Witz funzt schon im Englischen nicht so richtig, will gar nicht wissen, was sie an der Stelle in der Synchro verbrochen haben. Aber das kann das Glück nicht schmälern, ein solches Meisterwerk des Animationsgenres sehen zu dürfen. Wie schon Teil 1 übertrifft Inside Out alle anderen Pixarfilme an Witz und Schläue, schon aufgrund seines permanenten Subtextes. Menschen unter 6 Jahren sehen lustig bunte Wesen rumhüpfen, Menschen über sechs und vor allem ab 13 eröffnet sich ein unfassbares, rasend schnelles, schweinelustiges Panoptikum an Facetten der abrissbirnenartigen Katastrophe im menschlichen Leben, die Pubertät heißt. Und dabei verliebt sich nichtmal jemand, das muss man erstmal hinkriegen. Der Star des neuen Films, "Anxiety" (im Deutschen wohl "Zweifel", was nicht richtig hinhaut), ist ein komplexes Gefühl, und wenn man diesen orange geringelten Breitmaulfrosch zum ersten Mal sieht, erschlafft man. Kann ja wohl nicht funktionieren.