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SIRAT

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Schluck. Die Filmtante von Radio1 war so ratlos, was sie zu "Sirat" sagen sollte, das sie ihm 4 "Filmrollen" gewährte, nur damit Leute reingehen und "mitreden", aka, ihr vielleicht sagen, was zum fliegenden Furz das Ganze zu bedeuten hat. Und in Cannes hat das Teil ungefähr so stark polarisiert wie Marmite (Werbeslogan: "You either love it or you hate it"). Gemeinsam mit einer MUBI-Go-Freikarte Grund genug, der Sache nachzugehen. Tja, und nun? Weiß ich auch nicht recht, was ich sagen soll, außer, dass mir die Knie noch wackeln und es irgendwie um Leben & Tod, Sinnhaftigkeit, Familie, Krieg und gefühlt auch um Postapokalypse ging, was man aber alles nicht so richtig hundertprozentig feststellen kann. Auf jeden Fall fängt man irgendwann an, körperlich auf den Film zu reagieren und fühlt sich zunehmend als fragiler Teil eines äußerst unsicheren und grausamen Universums. Mir waberte ständig der Satz "das Schlimmste ist eh schon passiert...

WILMA WILL MEHR

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Sie will eigentlich erstmal gar nicht "mehr", die Wilma, und dass ihr Leben Ende der 90er in der Lausitz schleichend zum Stillstand gekommen ist, merkt sie im Grunde erst in Wien, wo sie sich aus, nennen wir's mal familiären, Gründen hinbegibt, um eventuell einen Neustart zu wagen, oder jedenfalls erstmal abzuhauen. Fritzi Haberlandt dabei zuzugucken kommt anfangs recht langsam und irrsinnig runtergefahren, nimmt aber später immer mehr Fahrt auf. Spätestens nach dem Film waren wir uns einig, dass es den zähen Anfang brauchte, da er eben ihr Leben spiegelte. Musste alles erstmal wieder auftauen aus dem Permafrost der stillgelegten Industrien und Biographien. Das Ergebnis kommt sehr wenig ostalgisch und gar nicht belehrend rüber (anders als es im Trailer wirkt), wie auch Fritzi und ihre Figur so gar nichts Glamouröses haben und genau deshalb ein winziger Hauch von Glamour, ein klitzekleiner Wiener Walzer sie gleich erstrahlen lässt wie einen perfekten Sommermorgen eines and...

LIFE OF CHUCK UND ANDERES

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Wie immer nach dem Münchner Filmfest kommt für mich ein paar Wochen lang wenig bis nix im Kino. Erstens, weil ich noch von den 20+ Filmen zehre, die ich dort im Stakkatoverfahren inhaliert habe, und zweitens, weil dieselben Filme zum Teil jetzt anlaufen. Drum hier mal ein kurzer Verbrauchertipp für die, die im Sommerregen nicht nur fotogen mit ausgebreiteten Armen im Park herumtanzen, sondern auch mal cineastisch tätig werden wollen, mit Superman aber irgendwie nicht warm werden. Here goes: Ulla's utterly subjective and incomplete To-See's and Not-To-See's im Sommer 25. "The Life of Chuck" hab ich beim Filmfest gesehen. Für mich leider ein Schnarchfest, um diesen wunderschönen Anglizismus endlich mal anzuwenden. Verfilmung einer Stephen King-Short Story, aber - vermutlich wegen des Themas Tod, das bei den Machern vielleicht per se Angst vor schwindenden Zuschauerzahlen induziert hatte - das auf eine derart brave, gefällige Weise, sowohl visuell als auch erzähleris...

THE PHOENICIAN SCHEME

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Lang, lang ist's her, dass ich hier geschrieben habe. Dazwischen lagen anderthalb Umzüge, viele Festivitäten, weil ich nur Menschen kenne, die im Mai geboren sind und, naja, ein paar Filme, über die zu schreiben nicht lohnte. Kann mich nichtmal mehr dran erinnern welche (eigentlich fast der Hauptgrund für diesen Blog, tja...). Jetzt schickte mich MUBI GO in den aktuellen Wes Anderson, und weil ich schon länger damit abgeschlossen habe, von seinen Filmen irgendeine Tiefe oder Handlung oder Relevanz zu erwarten - The Royal Tenenbaums ist laaange her - dachte ich: nette Bilder, viele hübsche optische Details, amüsant, Allstar-Ensemble, wat soll sein. Wie es dann war? Nu - nette Bilder, viele hübsche optische Details, amüsant, Allstar-Ensemble. Plus Kate Winslets Tochter, vielversprechend. In der Mitte nickt man gedanklich mal kurz weg, weil keiner mehr weiß, worum der Fick es eigentlich geht, dann ist wieder irgendwas ganz lustig und man guckt sich den Rest irgendwie zu...

EDEN

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Mit dem lustigen Wortspiel "Nude Law" soll ich einsteigen, sagt mein Mann. Er ist halt etwas einfach gestrickt und versteht nicht, was es bedeutet, wenn ein Ü-50 Sexsymbol sich "full frontal" zeigt, noch dazu ohne Zähne. Die hatte sich der gute Friedrich Ritter nämlich vorsorglich vor der Auswanderung ziehen lassen. Diesen Ritter, Arzt, Philosoph und Nietzsche-Fan, Vegetarierer und Nudist mit Metallgebiss, gab es wirklich, wie im Übrigen diese ganze krude Exilantenstory auf Tatsachen beruht und sich von diesen längst nicht so weit entfernt, wie es im Film den Anschein hat (zu verifizieren in einer Doku auf YouTube). Das war schon ein Panoptikum ultraschräger Typen auf Floreana, einer der Galapagos-Inseln. Andererseits, was erwartet man von Leuten, die es 1930 ausgerechnet dorthin zieht, auf einen unbewohnten, knallheißen, furztrockenen Lavafelsen voller wilder Hunde und Schweine, und die hofften, dort das Paradies zu finden. Darwin war bekanntlich fasziniert von dem...

THE LAST SHOWGIRL

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In genau 18 Tagen von wieder einer dieser begabten Coppolas gedreht und kurz mal Pam Anderson ein Comeback auf dem Level von Travolta in Pulp Fiction beschert. Allerdings muss das keine Fortsetzung bedeuten, denn es ist, fast schon buchstäblich, die Rolle ihres Lebens, nur mit deutlich mehr Strass und Pailetten. Aber neben Jennifer Coolidges Auftritt in White Lotus und der einfach nur unfassbar coolen Jamie Lee Curtis (die hier in atemberaubend scheußlichen Outfits die BFF gibt und - wie Travolta - ein Tänzchen hinlegt, das definitiv in die Filmgeschichte eingehen wird) ist es doch schön zu sehen, dass die alternde Frau durchaus vom Kassengift zur Kultfigur aufsteigen kann. Wer unbedingt will, kann meckern, dass die Dialoge ein bisschen arg auf die 12 sind und wir die Problematik eigentlich ab Bild 1 verstanden haben, der Rest der knapp 90 Minuten zeigt nur noch, wie Pam/ Shelly damit klarkommt, oder vielmehr ob. Aber das Thema ist so gewaltig, der Kampf um Würde und die Verteidigung d...

DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS

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Wer bei dem Titel denkt, es geht um eine melancholische Betrachtung eines Bienenstocks in einem Olivenhain oder sowas, sei gewarnt. Dieser Film ist so weit von Orientkitsch entfernt wie ein Brandenburgisches Dorf. Er zeigt anhand einer Familie die Quintessenz dessen, was Politik mit der menschlichen Seele machen kann. Ich will eigentlich gar nicht erzählen, worum es geht. Gut, Frauen im Iran kann man ja sagen, dann weiß man eh schon die Richtung, wird aber immer noch komplett falsch liegen, weil dieser heimlich und wirklich in Iran gedrehte Streifen nicht da anhält, wo es die meisten tun, sondern noch ein paar Schritte weitergeht, bis an die Substanz. Und trotzdem ahnt man am Ende auch, wo die Hoffnung liegt. Der Regisseur Rasulof floh anschließend zu Fuß über die Berge aus dem Land. Der Film wurde rausgeschmuggelt, das im Land gebliebene Produktionsteam stundenlang verhört und bedroht. Der Tonmensch lebt jetzt in Kanada, wo ihn Trumps lächerliches Geschwätz hoffentlich zum Gähnen brin...