GOOD LUCK TO YOU, LEO GRANDE

Definitiv reicht ein Film nicht aus, um alles, was in den letzten 100 Jahren filmisch und vor allem hollywoodianisch an weiblicher Libido, Frauenkörpern und - geschlechtsunabhängig - Sex after 40 verbrochen wurde, auch nur annähernd auszubügeln. Im Grunde müsste es für die nächsten, na, sagen wir 15 Jahre nur noch Filme mit nackerten Frauen zwischen 60 und 80 geben, die, assistiert von jungen PartnerInnen, den sinnlichen Sinn ihrer Genitalien entdecken, um halbwegs auf Stand zu kommen. Aber irgendjemand musste ja anfangen, und da ist Emma Thompson als Protagonistin wirklich allererste Wahl. Im Grunde fällt mir gar keine andere ein, die derart selbstironisch, berührend und cool durch dieses Minenfeld waten könnte. Irre gut, wie sie den Burschen abwechselnd mit Muttergefühlen, unterdrückter Lust und ihren alten Mustern als brav selbstunterdrückter Hausfrau und gewissenhafter Lehrkraft zuschillert. Schade allerdings, dass sich die Verhandlungen zwischen Sexarbeiter und Kundin (mangels Actionszenen oder  genügend Vertrauen ins Thema?) nach einer Weile in die Backstory des jungen Meisters und eine hochgetunte Krise versteigen, die gleich derart an den Haaren herbeigezogen wirkt, dass es einem die ganze sorgsam aufgebaute Frührentner-Libido verhagelt. Sobald das passiert, wird's leider gleich richtig öde, weil das Kammerspiel optisch außer einem deprimierend generischen Hotelzimmer wenig hergibt. Und auch an den leuchtenden Äuglein und dem ansprechend gemeißelten Oberkörper des etwas zu heiligen jungen Beischläfers (hier zählte die Optik anscheinend doch mehr als die Body Positivity) hat man sich irgendwann sattgesehen. Sogar Emma Thompsons "Nancy" will irgendwann eigentlich nur noch sich selbst finden, down there. Etwas schade also um den Mittelteil, aber trotzdem ein wichtiger, unfassbar fälliger und in großen Teilen auch schöner und witziger Film. 


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