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C'E ANCORA DOMANI / MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG

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"Tomorrow is another day", stellte ja schon die wahnsinnig nervige, aber immerhin nicht unterzukriegende Scarlett O'Hara fest. Und so mausert sich der Satz nun cinematisch zu einer Art Überlebensstrategie für Frauen, die ihr aktuelles Leben nicht so toll finden, oft aufgrund von Männern. Scarlett überlebt so den Bürgerkrieg, Delia versucht, den Ehekrieg, die Misshandlungen und Erniedrigungen ihres Mannes zu überleben, der ihr irgendwann mal schöne Augen und Versprechungen gemacht hat, die nun wie purer Hohn erscheinen. Stilistisch ist Paola Cortellesis Werk schwer vom italienischen Neorealismus beeinflusst, nur ironisch angehaucht - eine Prügelszene wird als eine Art Tanz des Ehepaars inszeniert, wohl im (sich angenehmerweise neuerdings verbreitenden) Wunsch, Gewalt an Frauen nicht direkt zu zeigen und zugleich Lug, Trug und Liebesschmalz der alten Filme zu hinterfragen. Doch die zentrale Beziehung des Films ist gar nicht die Ehe, da ist Hopfen und Malz verloren, sondern

ANDREA LÄSST SICH SCHEIDEN

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Birgit Minichmayr ist so toll... sie trägt diesen leisen, tragikomisch bis schwärzlichen (nur "österreichischen" zu sagen hätte eigentlich auch gelangt) Film mit links. Sehr schön, sie mal wieder in einer echten Hauptrolle zu sehen. Ansonsten geschehen hier relativ schlimme Dinge auf eine sehr unaufgeregte Weise und niemand weiß so recht, wie damit umzugehen ist. Josef Hader, der hier auch Regie führt, spielt immer tragischere Figuren, je älter er wird, aber entspricht damit ja auch irgendwie seinem Äußeren, wie er genau weiß. Ein greisliges Hemd drüber und fertig, viel tragischer wirds nicht. Die Disko-Szenen - legendär. Aber wie man das alles subjektiv findet, ist sowas von Geschmacksache. Ich bin nicht sicher, ob Menschen, für die, sagen wir mal "Dune II" die Apotheose darstellt, diesen Film überhaupt bemerken, wenn sie drin sitzen. Ich persönlich fand ihn wunderbar, kann aber nun wieder mit Dune II nix anfangen. Schon allein wegen der bezaubernden Hymne von Nied

ALL OF US STRANGERS

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Pro-Tipp: wer traurige, gefühlvolle Filme nicht mag, sollte diesen hier so tunlichst meiden wie der Lindner den Aldi. Wirklich jede einzelne Szene ist hochemotional aufgeladen. Das könnte auch nerven, aber es ist natürlich nicht so, dass alle ständig greinen und toben. Nee, nee, das ist absurd gut gespielt, vor allem von den beiden Hauptfiguren, denen man wirklich jede kleinste (Er)regung abnimmt, aber die Eltern sind auch toll. Tja, die Eltern... ich stammle hier etwas rum, weil es diesmal richtig schwer ist, spoilerfrei zu bleiben. Ich sage mal, es gibt mehrere Realitätsebenen als man zunächst denkt. Und dann leider noch eine. Genialerweise hat der Film aber auch noch eine geradezu historische Ebene, nämlich die Unterschiede der inneren und äußeren Wahrnehmung des Schwulseins über die letzten 3, 4 Jahrzehnte auszuleuchten. Hochspannend, tiefgründig und natürlich auch wahnsinnig emotional. Und dann die Liebesgeschichte, schmelz... Die beiden gefühlt heißesten und schlauesten Jungs der

THE ZONE OF INTEREST

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Ein eisiger, bedrückender, horrend wichtiger Film, der nicht mehr danach fragt, wer wann was gewusst hat. Sondern eher, wieviel man verdrängen und tolerieren kann, um es trotz des Grauens rundherum hübsch mollig zu haben. Sollte eigentlich jeder Mensch auf der Welt angucken, wenns nach mir ginge. Rudolf Höß selbst hat übrigens später alles gestanden und in minutiösen Details das Unsagbare geschildert, das andere zu leugnen und verbergen suchten. Er verstand bis zuletzt nicht, warum ihn irgendeine Schuld treffen sollte. Hier seine Begründung: „Die meisten der Beteiligten traten oft bei meinen Kontrollgängen durch die Vernichtungsstellen an mich heran, um ihre Bedrückung, ihre Eindrücke an mich loszuwerden, um durch mich beruhigt zu werden. Aus ihren vertraulichen Gesprächen hörte ich immer und immer wieder die Frage heraus: Ist das notwendig, was wir da machen müssen? Ist das notwendig, daß Hunderttausende Frauen und Kinder vernichtet werden müssen? Und ich, der ich mir unzählige

BERLINALE 2024: STERBEN & DES TEUFELS BAD

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Ich war diesmal nur in 2 Berlinale-Filmen. Gefühlt allerdings in 16. Und meine immerwährende Frage, was einen guten Film ausmacht und ob es wichtig ist, dass man sich beim Gucken irgendwie gut fühlt, oder zumindest schlau oder fasziniert, oder ob man sich winden, quälen, langweilen, zu Tode fürchten sollte und es dann erst richtig gut ist, hat sich immerhin um 2 Facetten erweitert.  Facette 1: der Hybris-Film. Hier auch noch mit autobiographischen Bezügen, wobei ich dringend für Herrn Glasner hoffe, dass er um der Schauwerte oder was auch immer Willen noch einige Schippen draufgelegt hat. "Sterben" ist inhaltlich dreigeteilt, qualitativ zweigeteilt. 3 oder eigentlich 4 Stories, die sich alle um Glasner aka Lars Eidinger aka den Sohn, Bruder, Dirigenten, Hilfspapa Tom Lunies drehen, mehr oder weniger miteinander verwoben, ein zarter Rashomon-Effekt wurde auch eingebaut, der nicht viel bringt, aber so können wir alle mal ganz laut "Rashomon" sagen, was ja immer gut ko

RICKERL

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Ach, Rickerl.... also, das ist jetzt ein echter Feelbesserfilm. Im Vergleich zu den ganzen teuren High-End-Hochglanz-Dingern grade. Ein Feelvielbesserfilm sogar. Rickerl ist Voodoo Jürgens, also er ist es nicht, aber er ist vermutlich nicht soo wahnsinnig weit weg von ihm, auch wenn der echte Voodoo schon einige Platten gemacht hat und vielleicht sein Image als oldschool Ösi-Beisl-Hallodri auch genau deshalb pflegt, weils so gut ankommt, weils so tröstlich ist. Der Rickerl ist nicht wirklich happy, sonst wäre er ja kein Wiener. Eigentlich nur, wenn er singt. Sonst ist er ein Leidender, Genervter, ein Zurückgewiesener, der von der Musik leben will, aber nicht kann, auch weil er selber Hemmungen hat, an sich zu glauben. Das überwindet er ein bissl im Film, aber halt nicht amerikanisch, sondern österreichisch, wo man denkt, es könnte auch schon morgen gleich wieder alles total am Oasch sein. Die Piefkes kommen nicht sehr gut weg, was natürlich so sein muss, genau wie es sein muss, dass al

POOR THINGS

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This Barbie has a vagina. Mic drop. Kurz überlegt, ob ich den Blogeintrag dabei belasse, weil wäre cool. Aber da ich nicht für meine Wortkargheit bekannt bin - ich bin sogar überhaupt nicht bekannt! - fühl ich mich fast so frei wie Bella Baxter und mache einfach, was ich will, und wenn der sogenannte Minifilmblog nachher 10 Seiten hat. Welcher verdammte Mann (sic!) will mich daran hindern?! Heult doch!  Ich sollte voranschicken, dass Yorgos Lanthimos für mich im Bereich Regie eine absolute Ausnahmeerscheinung mit geradezu genialen Anklängen... naja, "war" muss ich hoffentlich noch nicht sagen, nur weil dieses Werk weniger meinen Geschmack getroffen hat als letzthin "The Favourite", oder auch sein ultimativ infames Jugendwerk "Dogtooth". Hier jetzt so: fettes Budget, ausuferndes Production Design, das in seiner Artifizialität tatsächlich an eine Art Tim-Burton-Barbie-Welt erinnert, Hollywood-Stars konnte er ja schon in den letzten Filmen engagieren. Das sin