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THE SUBSTANCE

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Selten wurde soviel aus so falschen Körperteilen heraus "geboren" wie in diesem Film. Ich will nichts ausplaudern, aber man rechne schlicht mit allem. Spoilen ist hier eh überflüssig, niemand muss sich Sorgen machen, dass man irgendwas nicht mitbekommt. Subtilität ist Coralie Fargeats Sache nicht. Verbal wird nur mit Schlagwortsätzen gearbeitet und visuell auf die Kacke gehauen, bis man denkt, mehr geht nicht, und dann geht's erst richtig los. Demi Moore, im RL über 60 aber natürlich fit, strahlend schön und locker als die 50-jährige durchgehend, die sie spielt (was der Message des Films eine ganz eigene Ironie verleiht) hat als ehemaliger Hollywoodstar und jetzige Aerobic-TV-Tante ihr Haltbarkeitsdatum überschritten und ersetzt sich selbst durch ein jüngeres Ego. Leider gerät sie durch den exponentiell ansteigenden Selbsthass auf ihr älteres und die maßlose Vergötterung ihres jüngeren Ichs, bei der sie 1:1 die Meinung der Männergesellschaft übernimmt, in eine Art schizop

SAD JOKES

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Ich war doch etwas überrascht, deutsche Komödie und so. Man kennt die Vorurteile, und auch ich bin schon des öfteren zum Lachen in den Kinokeller gegangen - oder erst gar nicht ins Kino. "Sad Jokes" von und mit Fabian Stumm ist was anderes; Schweighöfer und Konsorten sieht man hier nichtmal als Silhouette am Horizont. Durch die Bank feine, ernst guckende Arthouseschauspieler haben beiläufige kleine Szenen, in denen sie auf Stumm treffen, der stoisch und fast immer verbindlich auf sein Umfeld reagiert. Das ist albern, traurig, rührend, meta (Stumm spielt einen Filmemacher, der versucht, eine Komödie zu machen, die - offenbar - null lustig ist), melancholisch und stellenweise sogar dramatisch. Umso überraschender, dass man in einigen Szenen geradezu vor Lachen roflt. Und beschwingt rausgeht, einfach nur, weil man das Gefühl mitnimmt, das alle sich in ihrem kleinen Leben mit irgendwelchem Blödsinn, beknackten Mitmenschen oder der eigenen Unzurechnungsfähigkeit rumschlagen müssen

DIE UNBEUGSAMEN 2 - GUTEN MORGEN, IHR SCHÖNEN!

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 Wer vor ein paar Jahren "Die Unbeugsamen" gesehen hat, braucht vermutlich keine weitere Einladung. Das war eine legendäre Doku über die Frauen im westdeutschen Parlament, bei der ich die Kinnlade kaum wieder hochgekriegt habe. Nun hat Torsten Körner nachgelegt und die Lage der Frauen in der DDR porträtiert. Auch hier versammelt er feinstes Archivmaterial und grandiose Gesprächsparterinnen, die man leider keineswegs alle kennt und sich darum nach dem Film erstmal in der Nachrecherche verbuddelt. Immerhin hier kommen sie zu Wort und erzählen, wie's war, im Guten wie im Schlechten. Hausfrau war ein Schimpfwort, malochen mussten sie alle, aber in der "hohen" Politik hatten sie nix zu melden, da war sogar der Bundestag weiblicher. Und der Hausfrau- und Mutterjob kam ja einfach noch obendruff, hieß nur nicht so. Für mich persönlich nicht ganz so ein Knaller wie der erste, aber das hat wohl mit der Identifikation einer alten Wessine, die ich nunmal bin, zu tun. Man ka

LOVE LIES BLEEDING

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Gut, es ist nicht wahnsinnig sophisticated, diesen Film als "Thelma and Louise auf Steroiden" zu bezeichnen. Aber es haut so schön rein. Und das tut "Love lies bleeding" auch. Kein subtiles, komplexes, hochgeistiges Werk, sondern ein blutiger, schmutziger, düsterer, teils fröhlich ins Abstruse überdrehter Trip über zwei wahnsinnig tolle queere Frauen, die sich in einem deprimierenden, brutalen, frauenfeindlichen 8oer-White-Trash-Umfeld rumschlagen, bis sie ineinander die Möglichkeit von Erlösung erkennen. Allerdings gilt es zuvor noch ein, zwei winzige Hindernisse zu überwinden und nach Möglichkeit einen optisch echt quälenden Bodybuilding-Wettkampf zu gewinnen. Kristen Stewart ist eh das Coolste, das die Leinwand seit Thelma an herber Weiblichkeit hergibt. Katie O'Brian ist auch im echten Leben Kampfsportlerin und hatte mit 9 Jahren den braunen Gürtel in Karate. Bezweifelt man nicht. Knirschende Muskeln, on screen Fistfuck (naja, dezent), sehr gebrochene Kiefer

INSIDE OUT II

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Okay, der "Sar-Chasm"-Witz funzt schon im Englischen nicht so richtig, will gar nicht wissen, was sie an der Stelle in der Synchro verbrochen haben. Aber das kann das Glück nicht schmälern, ein solches Meisterwerk des Animationsgenres sehen zu dürfen. Wie schon Teil 1 übertrifft Inside Out alle anderen Pixarfilme an Witz und Schläue, schon aufgrund seines permanenten Subtextes. Menschen unter 6 Jahren sehen lustig bunte Wesen rumhüpfen, Menschen über sechs und vor allem ab 13 eröffnet sich ein unfassbares, rasend schnelles, schweinelustiges Panoptikum an Facetten der abrissbirnenartigen Katastrophe im menschlichen Leben, die Pubertät heißt. Und dabei verliebt sich nichtmal jemand, das muss man erstmal hinkriegen. Der Star des neuen Films, "Anxiety" (im Deutschen wohl "Zweifel", was nicht richtig hinhaut), ist ein komplexes Gefühl, und wenn man diesen orange geringelten Breitmaulfrosch zum ersten Mal sieht, erschlafft man. Kann ja wohl nicht funktionieren.

MAY DECEMBER

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Kleines Päuschen eingelegt und auch ein paar Filme geschwänzt. Ihr müsst nicht alles wissen. Umso frischer nun der Report eurer Blog-Magd zum neuen Todd Haynes-Film (jetzt im Kino, irgendwann auf Netflix). Haynes kann gut zwischen Genres balancieren oder sie antäuschen und beides tut er hier auf faszinierend meta-mäßige Weise. Bis zuletzt weiß man nicht wirklich, in was für einer Art Film man grade sitzt und wem man glauben soll. Wer spinnt hier? Ist das schon Satire oder noch Arthouse-Drama oder eine Satire auf einen latent trashigen, schwitzigen Kolportagefilm in der Werdung, der gerne ein Arthousedrama wäre? Jedenfalls schleichen zwei ziemlich verschärfte Frauen umeinander herum, von denen die eine einen echten Filmstar spielt und die andere ebenfalls einer ist, aber ein Klatschpresse-Opfer spielt. Und obwohl ganz viel von Tiefe und Wahrheit die Rede ist, gibt es genau davon herzlich wenig zu sehen. Aber dann gibt es ja noch den einen "echten Menschen" namens Joe, der als

C'E ANCORA DOMANI / MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG

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"Tomorrow is another day", stellte ja schon die wahnsinnig nervige, aber immerhin nicht unterzukriegende Scarlett O'Hara fest. Und so mausert sich der Satz nun cinematisch zu einer Art Überlebensstrategie für Frauen, die ihr aktuelles Leben nicht so toll finden, oft aufgrund von Männern. Scarlett überlebt so den Bürgerkrieg, Delia versucht, den Ehekrieg, die Misshandlungen und Erniedrigungen ihres Mannes zu überleben, der ihr irgendwann mal schöne Augen und Versprechungen gemacht hat, die nun wie purer Hohn erscheinen. Stilistisch ist Paola Cortellesis Werk schwer vom italienischen Neorealismus beeinflusst, nur ironisch angehaucht - eine Prügelszene wird als eine Art Tanz des Ehepaars inszeniert, wohl im (sich angenehmerweise neuerdings verbreitenden) Wunsch, Gewalt an Frauen nicht direkt zu zeigen und zugleich Lug, Trug und Liebesschmalz der alten Filme zu hinterfragen. Doch die zentrale Beziehung des Films ist gar nicht die Ehe, da ist Hopfen und Malz verloren, sondern