BARBIE
Ja, ich hab's getan. Obwohl ich vorher auf sozialen Netzwerken noch ausführlich rumgemäkelt hatte, wollte ich nach zwei Jahren pinker Dauerbeschallung einfach wissen, ob ein von Mattel coproduziertes Marketingvehikel für Plastikpuppen mit einer Arthouse-Regisseurin irgendwas anderes sein könnte als eine abgrundtiefe Peinlichkeit. Und siehe da: der Film ist lustig! Er ist auch keineswegs zurückhaltend, wenns darum geht, das Prinzip Barbie zu hinterfragen, das von jeher idiotisch war - einerseits eine Puppe mit Proportionen, die einen echten Menschen sofort töten würden und nur einem kranken 50er Jahre-Männergehirn entsprungen sein können (gut, die Erfinderin war eine Frau, aber hat sie auch die Proportionen erfunden?), andererseits der seltsame Anspruch von Mattel, mit ebendiesem Spagatwunder eine emanzipatorische Vorreiterin zu schaffen, die alles erreichen kann, was Männer erreichen können. Genau diese Mischung wird im Film-Barbieland zum Leben erweckt, und ist dementsprechend beknackt: all die Präsidentinnen und Supreme-Court-Richterinnen hocken in ihren rosa Plastikhäusern herum und veranstalten von früh bis spät ein Glitzer/Frisier/Rumhüpf-Heititei, dass es einen nur noch graust. Die wahren armen Schweine sind aber natürlich die Kens, die von den Barbies so abhängig sind, als hätte man sie ihnen aus der Rippe geschnitten, und die nichts draufhaben als (nichtmal zu sexuellen Übergriffen fähig) am Strand herumzustehen und verzweifelt auf die ihnen zugeteilte Barbie zu warten. So ist auch das Lustigste an dem Film das Strahlen in Ryan Goslings Augen, als er in der echten Welt das Patriarchat entdeckt und sich ihm plötzlich neuer Lebenssinn enthüllt. Fein auch: all die peinlichen Barbie-Derivate, die wegen Unverkäuflichkeit wieder eingestellt wurden, incl. dem völlig gesichtslosen "Allan" und dem Teenager mit wachsenden Brüsten, gab's wirklich, da beweist Mattel durchaus die Fähigkeit zur Selbstverarsche. Abzüglich einiger sentimentaler Fehlgriffe und ein paar deutlich zu langer Tanzszenen ein großer und völlig unsubtiler Emanzipations-Spaß.
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