THE SUBSTANCE

Selten wurde soviel aus so falschen Körperteilen heraus "geboren" wie in diesem Film. Ich will nichts ausplaudern, aber man rechne schlicht mit allem. Spoilen ist hier eh überflüssig, niemand muss sich Sorgen machen, dass man irgendwas nicht mitbekommt. Subtilität ist Coralie Fargeats Sache nicht. Verbal wird nur mit Schlagwortsätzen gearbeitet und visuell auf die Kacke gehauen, bis man denkt, mehr geht nicht, und dann geht's erst richtig los. Demi Moore, im RL über 60 aber natürlich fit, strahlend schön und locker als die 50-jährige durchgehend, die sie spielt (was der Message des Films eine ganz eigene Ironie verleiht) hat als ehemaliger Hollywoodstar und jetzige Aerobic-TV-Tante ihr Haltbarkeitsdatum überschritten und ersetzt sich selbst durch ein jüngeres Ego. Leider gerät sie durch den exponentiell ansteigenden Selbsthass auf ihr älteres und die maßlose Vergötterung ihres jüngeren Ichs, bei der sie 1:1 die Meinung der Männergesellschaft übernimmt, in eine Art schizophrene Psychose, die wir buchstäblich hautnah miterleben dürfen. Dass das überspitzt dargestellt wird, wäre die Untertreibung des Jahres. Der Film ist so dermaßen drüber, dass das Kino in vereinter Fassungslosigkeit ablacht - was durchaus gewollt ist, sich gnadenlos weiter steigert und in einem 20-minütigen Showdown gipfelt, der nun wirklich gar keine Gefangenen mehr macht. Die pure G-Force dieses völlig durchgeknallten Body-Horror-Irrsinns presst einen so tief in den Kinosessel, dass man danach operativ entfernt werden muss. Aber hey, man kann niemandem vorwerfen, faule Kompromisse zu machen. Und den darstellenden Damen (das jüngere Ich wird von der durchaus talentierten Margaret Qualley, Andy MacDowells Tochter, gegeben) auch keinerlei Eitelkeit. Die zu erwartende Botschaft, sich mit dem, was man hat und ist, zu versöhnen, kommt nicht wirklich rüber, da sich hier niemand jemals mit irgendwas versöhnt, aber auch das ist zumindest konsequent. Insgesamt hätte das alles noch besser, schärfer, schlauer sein können. Ich verstehe nicht ganz, warum  zugunsten hirnloser Aerobicshows die Filmbranche komplett ausgeblendet wird, die sicher noch ein paar gute Gags und Wendungen hergegeben hätte. Und warum man mit beiden Hauptfiguren im Grunde null komma null mitfühlt, weil sie einfach nichts reflektieren, sondern nur wie Roboter auf die Situation reagieren. Aber vermutlich wäre das alles zu subtil für Fargeat. Trotzdem ein ziemlicher Spaß und eine Erfahrung der anderen Art. Warm anziehen, vorher nicht zuviel essen und aufpassen, dass einem nicht selbst irgendwo was rausploppt. Das Hirn zum Beispiel. 

 


 

 


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