IN LIEBE, EURE HILDE

Achtung, ich vermeide sonst Spoiler nach Möglichkeit, aber diesmal konnte ich mich ohne nicht ausreichend echauffieren. Also sind welche drin.

Am Schluss hat natürlich das ganze Kino geheult. Vielleicht bin ich zynisch, aber obwohl ich mitgeflennt habe, fand ich es etwas wohlfeil. Junge Frau mit Baby, deren Mann schon hingerichtet wurde und dann Todesurteil, dann kommt auch noch Alexander Scheer als weltverständnisvollster Priester in die Zelle (wieso haben die Nazis den überhaupt reingelassen), wessen Tränendrüsen sollten da nicht leaken? Ehrlicherweise hab ich mich aber die ersten 90 Minuten im großen und ganzen eher gelangweilt. Und mich dabei noch schuldig gefühlt, immerhin geht's um die Rote Kapelle, junge Menschen, die etwas so Sinnvolles und Heldenhaftes getan haben, dass man angesichts der 50 Cent, die man gerade einer Obdachlosen zugesteckt hat, vor Scham eigentlich nur noch Harakiri begehen kann. Was also stimmte nicht? Einmal die Rückblenden, die - wohl zur Vermeidung von Konventionalität - unchronologisch durcheinander gewürfelt sind, was aber dazu führt, dass die dort erzählte Kennen- und Liebenlerngeschichte in kompletter Beliebigkeit versackt. Und das ist doof, denn eigentlich geht es nur darum. Dafür, dass diese Leute so politisch waren, dass sie für ihre Ziele in den Tod gegangen sind, ist der Film enorm unpolitisch. Und gerade Hilde Coppi wird so beharrlich als liebende Ehefrau und Mutter dargestellt, dass man ihr glaubt, wenn sie beim Verhör sagt, ihr Motiv sei lediglich die Liebe zu ihrem Mann gewesen. Hallo? Kann ja sein, dass sie ihn geliebt hat, ihr Kind sowieso und ich will auch gar nicht zu sehr auf den konventionellen Rollenbildern rumreiten, war ne andere Zeit. Aber war ihr das, worum es der Gruppe ging, wumpe? Mit der Lupe muss man nach Hinweisen dagegen suchen. Einmal sagt sie was Schlaues (aha! gebildeter als der Rest), einmal wehrt sie sich gegen den Verdacht, sie habe keine eigene Meinung. Das wirklich Schlimme ist aber, dass im Gnadengesuch an Hitler quasi so argumentiert wird, als wäre sie die perfekte deutsche Frau gewesen, die seinem Bilde artig entsprochen hat und schon deshalb verschont werden sollte. Und dass man fast den Eindruck hat, dass da was dran ist. Das geht doch nicht, Leute. Das spottet allem, wofür auch sie stand und nicht nur wegen ihres heldenhaften Brillenheinis. Dennoch: Liv Lisa Fries spielt das gut und am Ende sieht man sogar, wie gut. Schade, dass Dresen ihre Rolle so verzwergt hat. 




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